Alt Reichenschwand - ein Blick in seine Geschichte

Alt Reichenschwand Buch

Das Buch "Alt Reichenschwand" ist für 2,50 Euro im Rathaus erhältlich

Der Ausgangspunkt der Ortschaft war wohl die auf der dortigen Pegnitzinsel im Hochmittelalter von Ministerialen angelegte Wasserburg. Möglicherweise waren ihre Gründer vielleicht die Reichsministerialen von Ottensoos oder die von Rothenberg-Lauf.

Reichenschwand muss eine ausgesprochene Rodungssiedlung gewesen sein. Die älteste überlieferte Namensform Reicholswant bedeutete die Rodungsstelle eines Richold oder Richolf. Ein Edler, diesen Namen in der ältesten in Nürnberg ausgestellten Urkunde von 1050 genannt wird. Es lässt sich nicht nachweisen, ob zwischen diesem und dem Gründer von Reichenschwand irgend eine Beziehung bestand.

Der zweite Teil des Ortsnamens Reichenschwand bedeutet ein durch Schwenden, das heißt Ausräumen des Unterholzes gewonnenes Weide- und Ackerland.

 

Verhältnismäßig spät tritt Reichenschwand – nach unserer bisherigen Kenntnis – in das helle Licht der Geschichte. In einer Urkunde König Heinrichs (VII.) vom 02. Juli 1225 nimmt der König das Schottenkloster St. Egidien zu Nürnberg in seinen Schutz. Unter den Besitzungen des Klosters werden in dieser Urkunde auch zwei Huben zu Reicholswant aufgeführt, die ein Burchard von Weißenohe, wohl ein begüterter Grundherr, dem Nürnberger Benediktiner-Schottenkloster geschenkt hatte.

 

Nun wird diese Urkunde als gefälscht betrachtet. Die Fälschungsstellen betreffen zwar in erster Linie die vom Kloster erstrebte Vogtfreiheit, doch ist es nicht sicher, ob die in der Urkunde aufgeführten Güter tatsächlich damals dem Kloster gehörten.

 

Festen Boden der Überlieferung über Reichenschwand betreten wir erst im Jahr 1310. In einer Urkunde aus diesem Jahr bezeichnete eine Agnes, „des Immoln Tochter zu Oberndorf“, die eine Wiese zu Sendelbach an das Kloster Engelthal verkaufte, den Cunrad von Strolenvels als ihren Herren.

Die Herren von Strahlenfels waren Ministerialen der mächtigen Reichsministerialen von Rothenber-Lauf. Wohl schon seit dem späten 13. Jahrhundert saßen die von Strahlenfels, die 1254 zum ersten Mal urkundlich Erwähnung finden, in Reichenschwand und bewohnen die dortige Wasserburg.

 

Aus dem 14. Und 15. Jahrhundert hören wir nicht viel über Reichenschwand.

Aber noch im Jahr 1531 trat ein für die Geschichte von Reichenschwand sehr wichtiges, auch auf die folgenden drei Jahrhunderte nachwirkendes Ereignis ein: Amalie von Ratz verkaufte das Schloß und die Grundherrschaft Reichenschwand mit allen Zugehörungen an den in Nürnberg wohnenden Großkaufmann Bonaventura Furtenbach.

 

Im Jahre 1700 wurde unter Wilhelm August und Georg Sigmund Furtenbach die Reichenschwander Gerichtsbarkeit auf deren Antrag erneut bestätigt (das von Furtenbach`sche Gericht hatte seit 1630 geruht und sollte nun wieder aufleben).

Aus diesem Anlaß ließen die beiden Brüder eine silberne Medaille prägen, die auf der einen Seite das Furtenbach`sche Wappen und die Namen der beiden Gerichtsherren, auf der anderen die Namen der damaligen 12 Reichenschwander geschworenen Schöffen zeigte. Die Prägung dieser Medaille war ein Ausdruck dafür, dass Wilhelm August Furtenbach die alten Ansprüche seiner Familie auf die sogenannte Edelmannsfreiheit, die Reichsfreiheit, geltend machte.

 

Schon drei Jahre nach der festlich begangenen Reichenschwander Gerichtsbestätigung wurde das Schloß im Verlaufe des Spanischen Erbfolgekriegs 1703 von baierischen Truppen gebrandschatzt und völlig ausgeplündert.

 

Nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekriegs (1715) durfte Reichenschwand eine längere, bis in das letzte Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts verhältnismäßig ruhige Zeit genießen und blieb von feindlichen Überfällen verschont.

 

Am 01. Januar 1813 erwarb Ernst Gottlieb Heinrich v. Axthelm, Königlich baierischer Legationsrat, den Hälfteanteil des Gutes mit allen Nutzen und Lasten. Die Verwaltung der beiden Hälfteanteile blieb zunächst noch gemeinsam, sie wurde als „v. Axthelmsche und v. Furtenbachsche Gutsverwaltung“ bezeichnet.

Doch es ergaben sich schon sehr bald größere Schwierigkeiten, besonders hinsichtlich der Einkünfte und der Besteuerung, weshalb sich die Furtenbach entschlossen, 1815 auch ihren restlichen Habteil der Grundherrschaft Reichenschwand, Oberndorf und Leuzenberg Herrn v. Axthelm zu verkaufen.

 

Doch die Ära von Axthelm dauerte in Reichenschwand nicht lange. So verkaufte dieser am 06. April 1828 an den Ritter Franz Otto von Stransky. Im Jahr 1832 ließ Stansky das Schloß umbauen und zwar in den Zustand, den es als einziges im neugotischen Stil erhaltenes Schloß im Nürnberger Land noch heute zeigt.

 

Schon 1837 entschloss sich Herr von Stranksy, seinen ganzen Reichenschwander Besitz wieder zu verkaufen. Am 17. Januar 1838 erwarb Adolf Wilhelm Fürst von Wrede (der jüngste Sohn des baierischen Feldmarschalls) Reichenschwand mit allen Zugehörigen. Fürst Wrede war der erste katholische Herr zu Reichenschwand. Am 08. Mai 1854 verkaufte Wrede an Christian Heinrich Ludwig Thon.

 

Dieser Thon war der älteste Sohn eines Sachsen-Weimarer Legationsrates und Agenten Johann Wilhelm Thon, der sich in Nürnberg niedergelassen hatte. 1877 erbte wiederum der Sohn von Christian Heinrich Ludwig Thon zunächst 2/3 am Gutskomplex und 1908, nach dem Tod seiner Mutter Friederike, auch deren Drittelanteil.

 

Sohn Wilhelm Thon lebte in Reichenschwand als Rittergutbesitzer und starb dort 1919. Erbe war letztendlich sein Sohn Oskar Thon. Dieser bewirtschaftete das Gut selbst. Der Umfang des Gutes betrug 123, 867 ha; der größte Teil davon waren 12 Waldparzellen mit insgesamt 207 Tagwerk.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1945, war das Schloß Reichenschwand Quartier eines amerikanischen Armeestabes, der von hier aus die Kämpfe um Nürnberg leitete.

 

Da Thon nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig nach Schloß Guggenburg zog, verpachtete er das Schloß Reichenschwand. Es wurde Sitz einer Kuranstalt, ab 01.03.1975 pachtete es dann eine christliche Vereinigung - der „St. Johannis-Konvent“.

 

Aus der Thonschen Familie heraus wurde es dann 1984 an den Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl verkauft. Dieser überschrieb es 1995 seinen Kindern, bevor es 2005 an die Firma Tetris Grundbesitz GmbH u. Co. KG verkauft wurde.

Das Schloß beheimatete in den Jahren verschiedene Gastronomiebetriebe - derzeit gehört es zum Dormero Schloßhotel Reichenschwand und kann für Festlichkeiten aller Art gemietet werden.